Warum es bei der Unternehmensnachfolge oft knallt und was man tun kann, damit sie gelingt…
Wir sprachen mit Hanne Demel, die sich in ihrem Institut für emotionales Management auf die emotionalen Aspekte während einer Unternehmensnachfolge spezialisiert hat.
Beckhäuser Personal & Lösungen:
Wieso ist der emotionale Aspekt bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger und einer gelungenen Übergabe so wichtig?
Hanne Demel:
Eine Nachfolge verläuft so gut wie nie ohne Konflikte. Die Übergabezeit ist oft sehr holprig. Es geht ans Eingemachte, denn es schwingen Zwänge, Unzufriedenheiten, Ängste mit, die oft gar nicht richtig bewusst sind. Aber sie knirschen im Untergrund und bringen „Sand ins Getriebe“. Sand im Getriebe zeigt sich dann darin, dass Absprachen schwieriger zu treffen sind, die Parteien können sich nicht so leicht einigen, es entstehen unklare Führungssituationen und die Mitarbeiter werden verunsichert. Das hat alles weitreichende Auswirkungen, auch wenn die Beteiligten denken, sie würden nur „rational“ diskutieren.
Das eigene Unternehmen ist ja oft wie das eigene „Baby“, das man über viele viele Jahre gehegt und gepflegt und auf eine bestimmte Art und Weise geführt hat. Dann soll der Nachfolger das auch bitte möglichst genauso weiterführen. Der Übergeber legt dann unbewusst einen sehr engen und auch hohen Maßstab an die möglichen Interessenten und findet am Ende nicht den „Richtigen“.
Und wenn dann doch ein passender Nachfolger gefunden ist, ist noch nicht alles ausgestanden. Im Gegenteil. Konflikte entstehen dann erst recht, wenn zum Beispiel die Interessen und Sichtweisen des Übernehmers sich nicht hundertprozentig mit denen des Übergebers decken. Doch das tun sie eigentlich nie. Und genau in diesem Moment kommt es auf gegenseitiges Verständnis und auch auf ein Verständnis für die eigenen inneren Prozesse an. Es braucht eine gute Portion Vertrauen bei allen Beteiligten. Deshalb ist eine Begleitung und Unterstützung von beiden Parteien wichtig, bis sich alles stabilisiert hat.
Die Übergabe kann dann erfolgreich sein, wenn der Unternehmer sich auch innerlich und emotional von seinem Unternehmen verabschieden kann. Wenn er Vertrauen hat, dass es gut weitergeht. Wenn er zuversichtlich ist, dass sein Leben einen Sinn behält und er nicht plötzlich zum alten Eisen gehört und so weiter. Nur dann, wenn der abgebende Unternehmer mit sich im Reinen ist, kann der notwendige Freiraum entstehen, den der Nachfolger braucht, um sich im Unternehmen entfalten zu können.
Beckhäuser Personal & Lösungen:
Können nicht die Steuerberater und Rechtsanwälte behilflich sein, indem sie die Fakten klar darlegen?
Hanne Demel:
Wenn die im Untergrund vorhandenen Befindlichkeiten nicht geklärt werden, dann funktionieren auch Absprachen mit Steuerberatern oder Rechtsanwälten nicht gut. Jemand, der nicht klar ist in seinen Gefühlen, findet überall einen Haken. Und dann geht einfach nichts vorwärts.
Diese Berufsgruppen haben ihr Augenmerk ja auch nicht auf den tiefen emotionalen Befindlichkeiten. Vielleicht kann in einer Mediation schon einiges an Klarheit entstehen, aber nicht selten reichen die Gefühle viel tiefer und können nicht so leicht „beseitigt“ werden. Dazu braucht es Fingerspitzengefühl, Empathie und ein profundes Wissen über psychische Strukturen.
Beckhäuser Personal & Lösungen:
Und wie wirkt sich eine solche Gemengelage auf die anderen Beteiligten aus?
Hanne Demel:
Holprige Zeiten kommen ja immer wieder mal vor, auch Unsicherheiten und emotionale Fragezeichen. Das kann man meistens abpuffern. Doch so ein Nachfolgeprozess zieht sich oft über Jahre hin. Und deshalb kann er alle Beteiligten einschließlich der Belegschaft ganz schön zermürben. Vor allem, wenn er emotional unklar abläuft und wenn keine Hilfestellung vorhanden ist. Das ist dann der Wertschöpfung insgesamt nicht gerade zuträglich.
Beckhäuser Personal & Lösungen:
Und sind denn für diejenigen, die ein Unternehmen übernehmen und weiterführen wollen, auch so tiefe emotionale Maßstäbe entscheidend?
Hanne Demel:
Letztendlich kommt es auf das Zusammenspiel an zwischen Übergeber und Übernehmer. Die beiden müssen sich emotional verstehen und einander vertrauen können. Sobald Misstrauen vorhanden ist, schließen sich die Fenster, die eine gute Verhandlung und gute Lösungen ermöglichen. Dann wird eng gefeilscht und am Ende kommt kein gutes Ergebnis raus. Oder der neue Inhaber kommt nicht zum Zug, weil der alte noch im Unternehmen herumturnt, obwohl er schon längst hätte zu Hause bleiben sollen. Das ärgert den Nachfolger oft und es verwirrt auch die Mitarbeiter. Letztendlich stört es die Wertschöpfung.
Deshalb ist es in einem Übernahmeprozess so wichtig, emotional immer klar zu sein und zu handeln. Und wenn der Prozess einigermaßen über die Bühne ist, dann sollten die Mitarbeiter in den Blick genommen werden. Eine Übergabe ist ein intensiver Change-Prozess und erzeugt immer Unsicherheiten. Diese gilt es dann möglichst frühzeitig zu klären und Klarheit auch für die Mitarbeiter wiederherzustellen. Denn Unsicherheit stört die Konzentration und die Kommunikation und bringt nur mäßige Ergebnisse hervor. Wenn der neue Unternehmer also so richtig durchstarten will, sollte er seine eigenen Gefühle geklärt haben, mit dem Übergeber im Reinen sein und die Mitarbeiter mit ins neue Boot holen. So kann er richtig Fahrt aufnehmen und auch die Veränderungen und Anpassungen vornehmen, die wichtig sind.
Beckhäuser Personal & Lösungen:
Und wie gehen Sie an diese emotionalen Aspekte heran?
Hanne Demel:
Zuerst spreche ich mit dem abgebenden Unternehmer, dann mit dem Übernehmer. Wenn die Verhandlungen laufen, begleite ich beide durch den Prozess und kläre sofort alle auftauchenden Konflikte. Das kann in einem Einzelcoaching geschehen, aber auch in einem Tandemcoaching.
Wenn die Übergabe weitgehend über die Bühne ist, dann schauen wir auch auf die Mitarbeiter. Sinnvoll ist es, wenn wir dann gleich eine gesetzlich vorgeschriebene psychische Gefährdungsbeurteilung anschließen. Stress, der bei den Mitarbeitern während der Übergabezeit entstanden ist, kann dann gleich ausgeräumt werden. So können alle am und im Unternehmen Beteiligte mit großer Energie und Schaffenskraft durchstarten und erfolgreich sein.
Beckhäuser Personal & Lösungen:
Vielen Dank für dieses interessante Gespräch, Frau Demel.
Das Interview wurde geführt mit Hanne Demel aus dem Institut für emotionales Management, das sich auf die emotionalen Aspekte in Unternehmen spezialisiert hat und Unternehmensnachfolgen begleitet.
Kontaktdaten Hanne Demel
Mail: institut@emotionales-management.com
Web: www.emotionales-management.com
Copyright Bilder und Fotos: Hanne Demel
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